Die Deutsche Bahn (DB) ist bereit, Milliarden in eine neue S-Bahn-Flotte für Berlin zu investieren. Das ist das Ergebnis eines Spitzengesprächs zwischen dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Klaus-Dieter Scheurle (CDU), und Bahnchef Rüdiger Grube.

Seit rund 20 Monaten bietet die S-Bahn in der Bundeshauptstadt nur einen eingeschränkten Betrieb an. Zusätzlich kämpft das Tochterunternehmen der DB den zweiten Winter in Folge mit der Witterung. „Wir sind uns einig geworden, dass die derzeitigen Maßnahmen in der Wartung und Erneuerung der bestehenden S-Bahnen in Berlin nicht ausreichen, um die Probleme dauerhaft zu lösen“, sagte Scheurle gestern nach dem Gespräch mit Grube und dem Vorstandschef für den Personenverkehr, Ulrich Homburg.

Mittelfristig komme man in Berlin nicht umhin, den Fuhrpark komplett zu erneuern. „Dabei reden wir von 200 bis 600 neuen Zügen“, sagte Scheurle. Dies entspreche einer Gesamtinvestition von bis zu zwei Milliarden Euro, die von der DB finanziert werden müssten.

Da nach Angaben der Bahn der komplette Bestellprozess über die Produktbeschreibung bis zur Fertigstellung vier Jahre dauere, „wollen wir keine Zeit mehr verlieren und alles unverzüglich einleiten“, sagte Scheurle. 2015 könnten demnach die ersten neuen Züge rollen. Die Bahn habe erklärt, sie werde die Pläne mittragen, wenn sie für das Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht akzeptabel seien.

Hersteller stehen bereit

In den nächsten zehn Tagen will sich Scheurle mit Grube, Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer und Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (beide SPD) zusammensetzen und unter seiner Moderation weitere Details aushandeln. Einfach werden diese Gespräche, sofern alle Seiten dann auch daran teilnehmen, nicht. So muss gesichert werden, dass die geplante Großinvestition künftige Ausschreibungen nicht beeinflusst.

Die DB betreibt laut bislang gültigem Verkehrsvertrag die S-Bahn bis Ende 2016. Der Betrieb für die Zeit danach soll vermutlich in Teilen neu ausgeschrieben werden. Sollte dann ein anderer Betreiber zum Zuge kommen, müsse sichergestellt werden, dass dieser die von der Bahn finanzierten Züge auf seinen Strecken weiter betreiben könne und dass für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich der Deutschen Bahn gesorgt ist. „Entsprechende Übergabemodalitäten müssen mit geklärt werden“, betonte Scheurle.

Die Bahntechnikhersteller stehen bereit, die neuen S-Bahnen zu bauen. So erklärten Siemens, Bombardier und Stadler Pankow der Berliner Zeitung, sie würden sich an einer möglichen Ausschreibung beteiligen.

Junge-Reyer will Entschädigung

Berlins Verkehrssenatorin Junge-Reyer kündigte unterdessen an, dass das Land auch im Januar etwa zwölf bis 14 Millionen Euro der normalerweise 19,5 Millionen Euro nicht an die S-Bahn zahlen werde, weil diese „eklatante Schlechtleistungen“ liefere. Seit dem jüngsten Wintereinbruch war teils nur noch ein Drittel der vom Land bestellten Wagen auf der Schiene.

Junge-Reyer forderte von DB-Chef Rüdiger Grube erneut, die Fahrgäste zu entschädigen. Sie hatte bereits zwei Gratis-Monate für Stammkunden und Freifahrten am Wochenende im Gesamtwert von 77 Millionen Euro verlangt.

Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung arbeiten die 600 Beschäftigten in den S-Bahn-Werkstätten rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb und würden so täglich 100 Doppelwagen reparieren. Wenn alle Reparaturbemühungen planmäßig liefen, könnte nach einer Einschätzung des zuständigen Abteilungsleiters wohl Anfang 2012 ein Normalbetrieb mit der aktuellen Flotte aus 1 124 Zügen möglich sein.

Angesichts der massiven Probleme der Deutschen Bahn bundesweit hat sich der Bundesverbandes der Verbraucherzentralen für einen Strategiewechsel in der Eisenbahnpolitik ausgesprochen. Der Verband forderte im Gespräch mit der Berliner Zeitung eine Europabahn in Staatshand, zumindest für Teile der Unternehmen.

Quelle: Berliner Zeitung

Ich glaube kaum, dass noch weitere S-Bahn-Betriebe beim 430 "zuschlagen" werden - mangels Einsatzmöglichkeit...