Sommer-Tour 2021
TEIL 1: HALBERSTADT, 20.07.2021 11:00 - 14:00

Vom Dienstag, den 20.07. bis zum Donnerstag, den 22.07.2021 machte ich dieses Jahr mal ganz allein eine kleine Straßenbahntour im Mittel- und Ostdeutschland.
In diesem knappen Zeitraum von drei Tagen besuchte ich sechs Straßenbahnbetriebe in sechs Städten.

Die erste Stadt hieß Halberstadt und war zugleich die kleinste Stadt mit dem kleinsten Straßenbahnbetrieb von allen sechs, die ich besucht habe.
Der Grund für diesen Besuch müsste für allen ziemlich offensichtlich sein: Die 55 Jahre alten GT4, die aktuell nur als Notlösung für zwei verunfallte Leoliner auf den Straßenbahnlinien 1 und 2 verkehren.
Bilder gab es hier schon oft zu sehen, aber auch ich musste sie unbedingt mal selber erleben und fotografieren.

Dienstagfrüh ging es also um 5:29 Uhr morgens mit Koffer und Kamera von Krefeld aus nach Halberstadt, die Fahrt mit der Deutschen Bahn lief ungewöhnlicherweise mal pünktlich, sodass alle vorgesehenen Anschlüsse erreicht werden konnte. Mit Umstiegen in Hannover und Goslar kam ich um kurz vor 11:00 Uhr mit Koffer und Kamera am Halberstädter Bahnhof an und suchte direkt die Straßenbahnhaltestelle auf. Der blaue Reisekoffer musste dabei durchgehend mitgeschleppt werden, denn am Halberstädter Bahnhof gab es keine Schließfächer - was ich in einem solchen Bahnhof auch nicht erwartet hatte.

Die Linie 1, die um 11:03 Uhr kommen sollte, kam aber nicht - und so stieg ich erstmal in die 2 um 11:06 Uhr hinein. Weil ich aber die Gegend um Voigtei zuerst besichtigen wollte, musste ich zwangsmäßig am Heinrich-Heine-Platz aussteigen und begann meinen Koffer langsam in Richtung Voigtei zu schieben. Kaum lief ich wenige Schritte, kam dann aber die verspätete 1 in Richtung Friedhof - direkt mit einem der erwünschten Wagen, dem GT4 167 aus dem Jahre 1966, der im Straßenbahnwerkstatt MF Esslingen erbaut wurde. Die bunten Altbauten im Hintergrund passten zu dieser Szene ganz gut.


Bei der Planung war ich irrtümlicherweise davon ausgegangen, dass jeder Kurs mit GT4 befahren wird - so war es natürlich nicht. Der zweite Kurs der Linie 1 wurde vom Leoliner Numero 3 befahren und konnte zwischen Heinrich-Heine-Platz und Kühlinger Straße in die Gegenrichtung fotografiert werden.


Am Holzmarkt zu Fuß angekommen, war der eben fotografierte GT4 bereits vom Friedhof wieder zurück. Dank der kleinen Größe des Straßenbahnnetzes geht es ganz schnell, vorallem für die Linie 1 - die Fahrt von Endhaltestelle Hauptbahnhof bis Endhaltestelle Friedhof dauert nur zwölf Minuten; womit sie auch nur zwei Kurse benötigt, die sich im 15-Minuten-Takt nach eigentlichem Plan alle 30 Minuten wieder am selben Ort in die selbe Fahrtrichtung befinden. Dass das aber in der Realität nicht ganz der Fall war, das muss ich gleich noch zeigen.

Erinnerungen gingen hoch, als ich mich hier befand. Tatsächlich war es garnicht mal das erste Mal, dass ich mich in Halberstadt befand - sondern das zweite Mal. Im Mai 2016 verbrachte ich rund vier Tage in und in der Nähe von Halberstadt wegen einer Kompositionswerkstatt, an der ich damals teilnehmen durfte. Das 2013 komponierte Stück "Weinende und glückliche Tage" wurde am 4. Mai 2016 im Nordharzer Städtebundtheater an der Spiegelstraße uraufgeführt - und am letzten Tag holten meine Eltern mich ab und waren noch hier in der Gegend noch irgendwo spazieren. Tatsächlich fotografierte ich auch damals schon mit meinem noch recht neu gewesenen Samsung Galaxy S III Neo ein oder zwei verpixelte Straßenbahnbilder - die aber eigentlich aufgrund ihrer Qualität kaum brauchbar sind. Und die GT4 waren damals ja noch nicht im Einsatz ;)


Eigentlich verkehren die Straßenbahnlinien 1 und 2 im abwechselnden 7,5 Min-Takt zwischen Holzmarkt und Hoher Weg, doch durch die kurze Wendezeit von gerade einmal drei Minuten am Friedhof, konnte 167 auf der Linie 1 seine Verspätung von rund neun Minuten kaum aufholen.
So kam es dazu, dass sie so ziemlich genau 7,5 Minuten Verspätung hatte und direkt dem pünktlichen GT4 168 der Linie 2 folgte. Für eine solche Aufnahme muss man eben doch ein wenig Glück mit dabei haben ;)


Weiter ging es nun in Richtung Voigtei - und vor der Haltestelle Hoher Weg kam mir mal ein Leoliner entgegen - es war der Wagen 2 auf der Linie 2.
Ein klasse Motiv - hier ein GT4 wäre natürlich mal perfekt gewesen. Aber klar, dass da keiner kommen kann, wenn gerade beide in Richtung Bahnhof gefahren sind.
Etwas schade war auch das Wetter - denn ich hatte Halberstadt schon so sehr mit einen strahlend blauen Himmel eingebildet.
Dabei hatte ich die Reise doch extra auf die dritte Ferienwoche gelegt, da in der vorletzten und letzten Juli-Woche statisch oft die Sonne scheint.
Hat es auch - nur genau der Osten Deutschlands bekam die Tage leider den wolkigen Teil zugeteilt.
Naja, auf jeden Fall besser als in der zweiten Woche von 13. bis zum 15. Juli allenfalls, in der es ja deutschlandweit eigentlich durchgehend nur geregnet hat und in der es mit dem Bahnverkehr aufgrund der Hochwasserkatastrophe noch viel viel mehr komplizierter gewesen wäre.


Nicht viel später folgte also noch ein weiterer Leoliner, nun war es der Wagen 4. Damit sind nun alle fünf Fahrzeuge bereits fotografiert worden, die aktuell im Einsatz sind - denn die verunfallten Wagen sind die Leoliner 1 und 5.


Straßenbahn zu weit weg und klein? Geschmackssache. Für mich ist auf diesem Bild die Bahn wirklich schon fast zu klein, aber trotzdem fand ich das Bild mal schön, wie sie die Kurve biegt.


Vielleicht gefällt euch das Bild ja besser. Hier kreuzten sich dann die Wagen 3 und 4 - und gut erkennt man, dass der Wagen 3 auf der rechten Seite eine anders gestaltete Werbung trägt als auf der linken.


Von dort aus ging es dann so langsam aber sicher in die Altstadt hinein. In der Altstadt war ich 2016 nicht, umso mehr war ich über die Schönheit der Altstadt erfreut.
Bei der Straßenbahn kam schon wieder nur ein Leoliner, nun mit Wagen 2, aber dieser konnte jetzt zwischen den Haltestellen Hoher Weg und Johannesbrunnen klassisch schön fotografiert werden.


Während mir die darauffolgende Aufnahme von 168 in Fahrtrichtung Friedhof gescheitert ist aufgrund von Autos, ist es mir dafür auf der Rückfahrt zum Bahnhof besser gelungen. Die Sonne kam langsam mal raus, und das optimierte die Fotogelegenheit noch einmal.
An der Haltestelle Gröperstraße konnte so GT4 168 nun mal von der Sonne angestrahlt fotografiert werden.


Und ein weiteres Foto folgte.


167 und 168 hatten ihre Linien vertauscht - nun war auf einmal 167 auf der Linie 2 und 168 auf der 1. Was mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgefallen war, als ich den Wagen 167 am Johannesbrunnen in Richtung Sargstedter Weg fotografierte - etwas im Gegenlicht.


Auf der Rückfahrt klappte das Foto besser, und auch wieder mit schönen Häusern im Hintergrund. GT4 167 an der Haltestelle Voigtei.


Ich lief in Richtung Friedhof - und der Abschnitt zwischen Gröperstraße und Zuckerfabrik der Linie 1 war auch ziemlich schön.
Ein erwünschter GT4 kam aber nicht - obwohl sie eigentlich nun auf dem Kurs drauf sein müsste. Stattdessen kam nun Leoliner Wagen 3 angefahren - mit also rund 15 Minuten Verspätung.


Leoliner 3 hat wieder arg wenig Zeit zum Wenden, sodass die Rückfahrt schnell erfolgte. Hier erreicht er vom Friedhof kommend direkt die Haltestelle Zuckerfabrik.


Da kam der GT4 der Linie 1 - und nun war's wieder Wagen 167, der nun in Fahrtrichtung Friedhof an der Gröperstraße fotografiert wurde. Er ließ sich lange warten, und hatte nun fünf Minuten Verspätung auf dem Kurs, auf dem er eigentlich nicht fuhr - insgesamt also eigentlich schon 20 Minuten Verspätung, bedingt dessen, dass er auf die Linie 2 eingesetzt wurde, die aufgrund der längeren Fahrzeit ein Kurs mehr benötigt.
Die Wagen haben wohl am Hauptbahnhof schon wieder getauscht. Aber eigentlich garnicht so schlecht für den Fotografen, da beide Wagen dann auf beiden Strecken fotografiert werden können!


Kein blauer Himmel, aber trotzdem sieht man, aus welcher Richtung die Sonne scheint. Hier sieht es besser aus - nur vom Fotowinkel hat es nicht besser geklappt:


Es folgte endlich mal eine kurze Fahrt mit diesen 55 Jahre alten Fahrzeugen. Es sah schon luxuriös aus, da drinnen:


Vom Holzmarkt zur Linie 2 umgestiegen, über Spiegelstraße bis zum Klus. Eigentlich war das der Plan, doch eine Grundschulklasse mit rund 25 Schülern stieg ein, dessen Lehrer nicht wusste, wie man ein Ticket kauft. Der Fahrer beschäftigte sich etwa fünf oder sechs Minuten damit, ihm zu zeigen, wie man am Automaten einen Ticket kauft und kaufte diesen letztendlich mit ihm - da wurde mir klar, wie Verspätungen auch mal zustande kommen können ohne verkehrlichen Behinderungen.
Der zu fotografierende GT4 hatte aber auch schon wieder 15 Minuten Verspätung, sodass ich trotz all dem keine Fotochance verpasst hatte. An der Haltestelle Landratsamt kam GT4 167, nun wieder als Linie 2 in Fahrtrichtung Sargstedter Weg angefahren - sie haben sich schon wieder am Hauptbahnhof die Fahrzeuge vertauscht.


Ihm folgte der Leoliner Numero 4 - ebenfalls als Linie 2 in Richtung Sargstedter Weg, fotografiert zwischen den Haltestellen E-Weinert-Straße und Heinrich-Heine-Platz.


Am Heinrich-Heine-Platz angekommen, kam gerade auch wieder GT4 168 von Friedhof als Linie 1 zurückgefahren.
Die Kirche im Hintergrund macht hier ein gutes Motiv - nur die Ampel ist da ein wenig im Weg:


Ich wartete dort einfach, bis sie wieder vom Hauptbahnhof aus zurück kam - um sie noch einmal zu fotografieren; Zeit hatte ich trotz allem noch ziemlich genug gehabt. Wie fast schon erwartet, hat er erneut die Linie gewechselt und kam nun als Linie 2:


Und noch ein Foto.


Recht dicht auf ihm folgte Leoliner 3 als Linie 1.


An der Haltestelle Richard-Wagner-Straße wurde noch die kurze Waldstrecke ins Visier genommen, aus der Leoliner 2 gerade herausgefahren kam:


Und dann war's schon Zeit, von Halberstadt und ihren GT4 Abschied zu nehmen. Drei Stunden waren zwar recht kurz, aber für diesen kleinen Betrieb haben die drei Stunden genügt. Durch die vielen Verspätungen und Linienwechsel war es am Ende eigentlich nur noch so, dass ich aus Zufall einfach das fotografierte, was kam - die vielen Planungen, die ich für diesen Betrieb gemacht hatte, habe ich letztendlich aufgeben müssen.
Am Ende hatte ich aber noch einmal Glück und bevor ich zum Zug musste, kam noch der GT4 167 am Hauptbahnhof an, den ich mehr oder weniger im Gegenlicht noch abknipsen konnte. Im zeitalterlichen Kontrast zum GT4 hat sich nebenbei noch ein neuer MAN-Linienbus mit ins Bild eingeschleicht.


Nach dem Besuch hat es sich erstmal eher angefühlt, Halberstadt besucht zu haben um mal den Koffer durch die ganze Stadt geschoben zu haben - in dieser ruhigen Stadt hat sich der Koffer doch ganz schön laut angehört. Aber mit allem drum und dran - sind die entstandenen Fotos trotzdem ganz gut gelungen, und deswegen bin ich nun doch sehr zufrieden, dass ich diesen Betrieb mal besuchen konnte :)

Es folgen noch fünf Beiträge aus den fünf Städten, die ich in diesen drei Tagen noch besucht habe!
Ryokan