Die Franzosen greifen die Deutsche Bahn auf ihrem Heimatmarkt an. Eine Tochter der französischen Staatsbahn SNCF will Strecken Richtung Hamburg und Berlin bedienen. Bislang ist die Deutsche Bahn auf ihrem Heimatmarkt im Fernverkehr praktisch Monopolist, bis auf eine Ausnahme.

Die Deutsche Bahn bekommt erstmals in nennenswertem Umfang Konkurrenz im Fernverkehr. Nach Informationen von WELT ONLINE haben zwei Bahnunternehmen Anträge auf den Betrieb von Fernverbindungen in Deutschland gestellt. Darunter ist das neu gegründete Unternehmen Locomore Rail mit Sitz in Berlin. Als ernsthafte Herausforderung dürfte die Deutsche Bahn jedoch den Vorstoß der französischen Staatsbahn SNCF betrachten. Die will künftig auf mehreren Fernstrecken in Deutschland ins Geschäft kommen.

„Der Vorstandschef der französischen Staatsbahn, Guillaume Pépy, hat uns darüber informiert, dass es einen entsprechenden Antrag gibt“, sagte ein Bahnsprecher. Nach Informationen von WELT ONLINE wollen die Franzosen künftig ab Frankfurt die Strecken Richtung Berlin und Hamburg bedienen. In einer Kooperation mit der Deutschen Bahn fahren die TGV-Züge der SNCF schon jetzt von Paris nach Frankfurt und Stuttgart.

Die neuen Verbindungen sollen über die SNCF-Tochter Keolis bedient werden. Keolis Deutschland befährt hierzulande bereits mehrere Regionalstrecken vor allem in Nordrhein-Westfalen. Bislang ist die Deutsche Bahn auf dem Heimatmarkt im Fernverkehr praktisch Monopolist. Lediglich die Deutschland-Tochter des französischen Mischkonzerns Veolia befährt mit dem Connex eine Fernstrecke von Leipzig über Berlin nach Rostock-Warnemünde.

Aus Bahnkreisen hieß es, der Fahrplan für 2010 sei bereits fertig, die SNCF könne daher frühestens 2011 antreten. Ob Frankreichs Staatsbahn die Deutsche Bahn tatsächlich auf dem Heimatmarkt angreift, steht erst fest, wenn die Trassen verbindlich belegt sind. Dafür ist allerdings ein mehrstufiges Verfahren nötig.

Das Bahn-Unternehmen Locomore Rail hat dagegen bereits den Zuschlag für Trassen ab 2010 bekommen. „Wir wollen ab Sommer kommenden Jahres täglich mehrfach die Strecke Köln nach Hamburg bedienen“, sagte Locomore-Geschäftsführer Derek Ladewig WELT ONLINE. Hinter dem Unternehmen stünde ein ausländischer Investor.

Die beiden größten Schienenkonzerne Europas, SNCF und Deutsche Bahn, befinden sich seit mehreren Jahren in einem scharfen Konkurrenzkampf. Die Gesellschaften rüsten sich derzeit für die Liberalisierung der Schienenmärkte.

Ab 2010 soll jede Bahn eines EU-Mitglieds ohne die bisherigen Einschränkungen in allen Ländern der EU grenzübergreifende Zugverbindungen anbieten können. Der Markt in Deutschland ist allerdings bereits weitgehend offen für Konkurrenten zur Deutschen Bahn. Derzeit fahren rund 320 Privatbahnen, vor allem im Gütergeschäft auf deutschen Trassen.

Die Frankreich-Pläne der Deutschen Bahn will Konzernchef Rüdiger Grube in Kooperation mit der SNCF verwirklichen. Dazu gehört die Verbindung vom Rhein über die Rhône nach Marseille.

Quelle: http://www.welt.de